Amdorf, Ev.-luth. Kirche

Orgel von Heinrich Wilhelm Eckmann (1773)

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Das anmutige, kleine Orgelwerk in der ev.-luth. Kirche in Amdorf wird im Jahr 1773 von Heinrich Wilhelm Eckmann aus Quakenbrück erbaut. Nachdem im Januar der Kontrakt zwischen der Kirchengemeinde und dem Orgelbauer geschlossen wird, kann bereits im November desselben Jahres die Abnahmeprüfung stattfinden.

Eckmann besitzt im späten 18. Jahrhundert im norddeutschen Raum einen guten Ruf. Er schafft unter anderem das Werk der Clemenskirche in Münster, die große Orgel vor der Rosette (einem Ornament, meinst in Form einer Rose) des Osnabrücker Doms sowie sein größtes Werk in der Bremer Stephanikirche mit 45 klingenden Stimmen auf drei Manualen und Pedal. Jedoch ist heute kein einziges dieser Werke mehr vorhanden.

Eine erste Veränderung erfährt die Amdorfer Orgel 1821/1822 durch Wilhelm Eilert Schmid aus Leer. Sie erhält 1881 ein tiefes Bassfundament in Gestalt eines unten liegenden, hölzernen Subbasses. Doch diese Ergänzungen reichen nicht aus, um dem musikalischen Geschmack der Jahrhundertwende gerecht zu werden.

Der Orgelbauer Johann Martin Schmid (Oldenburg), der 1906 die Orgel klanglich erheblich umgestaltet, urteilt zuvor: „einzelne Register sind zwar schön, das volle Werk aber klingt spitz und schreiend, ohne jegliche kirchliche Würde“. Er dunkelt den bis dahin hell glänzenden Klang systematisch ein, indem er einige der Hauptregister um eine Oktave (bzw. Quinte) erniedrigt. Eine umfassende Restaurierung erfolgt 2004/2005, die der Orgel schließlich ihren ursprünglichen, strahlenden Klang zurück gibt.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen in römischen Zahlen.

Disposition:

(9 / I/angeh. Ped.)

Manual

Technische Angaben:

 

Principal

Gedact

Quintaden

Flöte

Quinta

Octav

Sesquialter

Mixtur

Trompete

4

8

8

4

3

2

III

IV

8

 

P, o

o

o/r

o/r

o/r

o

r *

o/r

r *

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Klaviaturen:

Windlade, Traktur:

3 Keilbälge:

Tremulant:

CD – c'''

CD – f (angehängt)

60mmWS

457 Hz (1/4Ton über normal)

modifiziert mitteltönig

Man: r, Ped: o/r

o

r, auf den historischen Balglagern

r, Kanaltremulant

 


Pfeifenwerk:

 

*

o

r

=

=

=

B/D

1773

2004/2005

Bass und Diskant


Heinrich Wilhelm Eckmann (original)

Martin ter Haseborg (restauriert)


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1769

Neubau der Kirche anstelle einer älteren Kirche. Die Baumeister sind Harmen Uhlrichs und Egge Ehrhardts.

 

 

1772

Disposition und Besteck (der Entwurf) für den Bau einer Orgel stammen von Heinrich Wilhelm Eckmann (Quakenbrück), Datum: 18.11.1772:


Disposition:

Anm.: Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).
(originale Schreibweise)

Manual

Technische Angaben:

 

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Principal

Gedact

Quinta

Flöte

Octav

Sesquialtera

Mixtur

Trompet

4’

8’

3’

4’

2’

2f.

3f.

8’

 








*

Manualumfang:

Pedalumfang:

C- und Cis-Lade:

Kanäle:

Tremulant


Orgelboden und Bälgenstuhl:

 – Kosten:

CD – c''', °

C – f (angehängt), °°

von Eiche

von Tanne



liefert die Kirche

280 rthl. (Reichstaler)

 


Pfeifenwerk:

 

*

°

°°

=

=

=

B/D

Manual

Pedal

Baß/Diskant (Bass und Diskant)

„mit Buchsbaumholz fourniret“

die Pfeifen von „versetzter Materie“ (= 2/3 Blei, 1/3 Zinn)

 


1773


Der Pastor Chr. D. Kettwich schreibt am 21.01.1773 an das Konsistorium:
„Orgelbauer Eckmann hat die Orgel in der Stephanikirche zu Bremen und in der kath. Kirche zu Leer verfertigt. Der Schulmeister Uhde Ulberts will ohne Entgelt die neue Orgel spielen.“

Kontrakt zwischen der Kirchengemeinde und dem Orgelbauer Eckmann vom 25.01.1773 nach Disposition und Besteck vom 18.11.1772. Auf der Lade bleibt Platz für eine Quintadena 8’ und die Mixtur wird 4fach. Das Gehäuse und die Bildhauerarbeit sind aus Eiche – Kosten: 300 rthl.

Abnahme der Orgel durch J. A. Kirchhoff (Aurich) und J. Röben (Leer) am 26.11.1773: „Die Bälge halten 30 Grad, einer und alle zusammen. Die Temperatur ist erträglich. Man kann ohne Verletzung des Gehörs auf den gebräuchlichen Tönen spielen. Die Intonation ist geschwind und rein.“

 

 

1794

Reparatur der Bälge und Reinigung des Werks durch Johann Friedrich Wenthin (Emden) für 81 Gulden.

 

 

1817

Bemalung der Orgel am 08.04.1817 durch den Färbermeister Siefken (Leer).

 

 

1821/22

Reparatur durch Wilhelm Eilert Schmid (Leer) mit dem Einbau einer Viola di Gamba (anstelle der Sesquialtera) – Kosten: 172 Tlr. (Taler).

 

 

1881

Einbau eines Subbaß 16’: liegend unter der Orgel untergebracht.

 

 

1890

Kostenanschlag von Johann Diepenbrock (Norden) vom 14.03.1890: „neue Balganlage, neue Manual-Klaviatur. – Die Aufstellung der Disposition bezeugt außer den Veränderungen von 1822 und 1881 (Viola di Gamba 8’ und Subbass 16’) auch das Vorhandensein der Quintadena, für die laut Kontrakt von 1773 lediglich der Platz auf der Lade vorgesehen werden sollte.“ – Diepenbrock übernimmt die veranschlagten Arbeiten.

 

 

1903

Kostenanschlag von Johann Martin Schmid (Oldenburg) vom 22.06.1903: „...einzelne Register sind zwar schön, das volle Werk aber klingt spitz und schreiend, ohne jegliche kirchliche Würde.“ Deswegen kommt es zu eingreifenden Veränderungen: Principal 4’ wird zu 8’ und die tiefe Oktave mit Holz verändert. Quintatön 8’ wird zu Bordun 16’ und die tiefe Oktave bleibt weg. Gambe 8’ – wenig streichend – wird zu Salicional 8’ und Quinte 3’ zu Octav 4’. Die Trompete wird neu und die Mixtur – aus sehr kleinen Pfeifen bestehend – mit tiefen Chören besetzt:

 

 


C:

c:

c':

c''':


G, c

c, g

g, c', g'

c', g', c''


2’

2’

2’

2’

 

 

 

1906

Beginn der veranschlagten Umbauarbeiten am 10.09.1906. Abnahme der Arbeiten durch Johann Onneken am 10.10.1906.

 

 

1926

Der Fragebogen vom 31.12.1926 bringt die veränderte Disposition.

 

 

1947

Die Bestandsaufnahme (undatiert) des Orgelbauers Rudolf von Beckerath (im Auftrag des Landeskirchenamtes) enthält alle technischen Angaben sowie die Mensuren der alten Pfeifenreihen. Im Prospekt (der künstlerischen, verzierten Vorderseite der Orgel) stehen 28 klingende Pfeifen und die restlichen Prospektpfeifen – früher teilweise auch klingend – sind jetzt stumm. Der Winddruck beträgt 90mmWS und die Tonhöhe etwas mehr als 1/2Ton über normal. In der Windlade ist ein Etikett: „Heinrich Wilhelm Eckmann, Orgel- und Instrumentenmacher aus Quakenbrück. Anno 1773.“

 

 

1952

Die Orgel wird am 18.12.1952 unter Denkmalschutz gestellt. Von Eckmann stammen noch Principal 8’ im Prospekt von c – c' und die übrigen Diskantpfeifen: Gedackt 8’, Bordun 16’ von c – c''' (die alte Quintadena 8’), Octav 4’ (aus Quinta 3’) von G – c''', Flöte 4’ von C – h', Octav 2’ und Mixtur 2–3fach (in Mensur und Zusammensetzung verändert). „Empfohlen wird die Wiederherstellung der alten Disposition, die sich unbedingt lohnen würde.“

 

 

1954

In einem Gutachten des Orgelrevisors Kirchenmusikdirektor (KMD) Wolfgang Pahlitzsch heißt es: „Eine Rückführung auf die originale Disposition unter Wahrung aller denkmalspflegerischen Gesichtspunkte ist eine Aufgabe, die sich lohnt und der sich die Gemeinde für die nächsten Jahre stellen sollte.“

 

 

1959

Verfügung des Landeskirchenamtes (LKA) vom 28.04.1959: Besichtigungsbericht des Oberkirchenrates (OKR) Utermöhlen: „Klanglich und dispositionell ist das Werk stark beeinträchtigt. Unter der Orgel ist im Jahre 1881 ein Subbaß 16in liegender Form untergebracht. Die Wiederherstellung der ursprünglichen Disposition und die Entfernung des Subbaß' ist anzustreben.

 

 

2004/05

Umfassende Restaurierung der Orgel durch die Firma Orgelbau in Ostfriesland GmbH & Co. KG (Uplengen) (Martin ter Haseborg) mit Rückführung auf den Originalzustand von 1773: dabei Rekonstruktion der drei Keilbälge, Manualklaviatur, Manubrien, der 3fachen (nach Befund der Pfeifenstöcke) Sesquialtera, der Trompete 8 sowie der fehlenden Pfeifen in den 1906 aufgeschobenen Registern. Der Winddruck wird zunächst auf 70, zwei Jahre später dann aber auf 63mmWS festgelegt. Aus den noch original zugelöteten Gedackten C – H und den seit 1906 nicht benutzten kleinen Prospektpfeifen des Principal 4 ergibt sich eindeutig eine mitteltönige Stimmung, für die der größte Teil der offenen Pfeifen wieder angelängt werden muss. Die Stimmtonhöhe liegt nun bei 457 Hz.

 


(Stand 21.04.2022; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge; Orgeltopographie von Walter Kaufmann; Pfarrarchiv Amdorf: Register VI A, a, 1: Rechnungsbuch 1724–1844, Nr. 5131 Orgelakte 1890ff.; Staatsarchiv Aurich: Rep. 1381 Amdorf B3 Kirchenvisitation 1731ff., Rep. 31 b, 344: Die bauliche Unterhaltung der Kirche zu Amdorf 1877–1920); Akten des Orgelrevisors)