Holtrop, Ev.-luth. Kirche

Orgel von Hinrich Just Müller (1772)

Navigation: Kapellenweg 8, 26629 Großefehn

Über die Herkunft der Orgel in der ev.-luth. Kirche in Holtrop gibt eine im Jahr 1833 in den Bälgen gefundene Inschrift Auskunft: „Ich, Heinrich Just Müller – habe Anno 1772 diese Orgel und Bälgen gemacht“. Über Müllers Urheberschaft kann auch sonst kein Zweifel aufkommen, da zum einen das Holtroper „Besteck“ (Entwurf) von Müller auch beim Bau der Orgeln in Nortmoor und Middels zugrunde liegt und zum anderen die Prospektgestaltung (der künstlerischen, verzierten Vorderseite der Orgel) unverwechselbar Müllers Handschrift zeigt – wie sich bei einem Vergleich gerade mit diesen Orgeln, aber auch der von Remels erkennen lässt.

Veränderungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden bei der umfassenden Restaurierung von Rudolf von Beckerath (Hamburg) 1976/1977 wieder rückgängig gemacht. Abschließend werden 2000 die beiden Zungenregister Dulcian 16 und Trompete 8’ – ebenfalls durch Rudolf von Beckerath (Hamburg) – rekonstruiert.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(8 / I/angeh. Ped.)

Manual

Technische Angaben:

 

Principal

Gedackt

Rohrflöte

Quinte

Octav

Mixtur

Dulcian

Trompete

4

8

4

3

2

4f.

16

8

 

o (P)

o

o

o

o

o

rr *

rr *

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Windlade, Keilbalg:

Tremulant:

Cymbel-Stern:

C – c'''

C – d' (angehängt)

70mmWS

knapp 1/2Ton über normal

gleichstufig

o

r

vakant (frei, offen)

 


Pfeifenwerk:

 

P

*

o

r

rr

=

=

=

=

=

Prospekt

B/D

1772

1976/1977

2000

Pfeifen des Hauptregisters

Bass und Diskant


Hinrich Just Müller (original)

Rudolf von Beckerath (restauriert)

Rudolf von Beckerath (restauriert)


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1772

Bau der Orgel durch Hinrich Just Müller auf einer Empore über dem alten Lettner (einer architektonischen Abtrennung in der Kirche) im Osten der Kirche. Die siebenteilige Gliederung zeigt im Zentrum den großen, breiten Mittelturm, der von zwei schmalen, hohen Flachfeldern flankiert (umrahmt) ist. An diese schließen sich die kleinen, zweigeschossig angeordneten Flachfelder an, zwischen denen hier die Zimbelsterne erstrahlen. Ganz außen folgen die schmalen, spitz zulaufenden Pfeifentürmchen – umgeben von den seitlichen Ohren – die das Pfeifenmotiv in Gestalt von hölzernen Attrappen noch einmal aufnehmen. Die nach Befund wiederhergestellte Farbfassung mit Nußbaumholzmaserung und dunklem Blau (am Schnitzwerk) entspricht auch den Angaben im Orgelbauvertrag von Middels.

 

 

1833

In den Bälgen wird eine Inschrift gefunden, die Auskunft über die Herkunft des Instruments gibt: „Ich, Heinrich Just Müller – habe Anno 1772 diese Orgel und Bälgen gemacht“.

 

 

1933

Zu Veränderungen am Orgelwerk – und damit zu Verlusten an der originalen Substanz – kommt es erst im 20. Jahrhundert. So wird das Instrument durch die Firma Furtwängler & Hammer (Hannover) nicht nur gereinigt, repariert und um ein pneumatisch gesteuertes Pedalregister erweitert. Es verliert auch seine beiden Zungenregister zugunsten andersartiger Stimmen und zwei der drei alten Keilbälge – einer wird beibehalten und fortan als Schöpfer für den neuen Magazinbalg benutzt.

 

 

1970

Es kommt Anfang der 70er Jahre zur denkmalpflegerischen Wiederherstellung der Kirche und ihrer gottesdienstlichen Neuordnung.

 

 

1976/77

Im Rahmen dieser Veränderungen wird entschieden, die bis dahin auf der Nordseite im Mitteljoch (Achsabstand zwischen zwei Säulen oder auch Pfeilern) unzulänglich untergebrachte Kreuzigungs-gruppe wieder als Triumphkreuz auf dem Lettner aufzustellen und dafür die Orgel mitsamt ihrer Empore auf die Westseite der Kirche zu verlegen. So kann dieses Ensemble heute also dort in wiederhergestellter alter Farbenpracht vorgefunden werden, denn anläßlich der Umstellung wird nicht nur die Orgel innerlich gründlich restauriert, sondern auch beide Teile in ihrem Äußeren. Bei der umfassenden Restaurierung, die anläßlich dieser Umsetzung von Rudolf von Beckerath (Hamburg) ausgeführt wird, kann der alte Keilbalg wieder als Hauptbalg eingesetzt werden. Dieser wird vom Motorwind gespeist und reicht alleine aus, um die Orgel mit Wind zu versorgen. Zur Rekonstruktion der beiden anderen Keilbälge reichen die Mittel ebenso wenig aus wie zum Nachbau der beiden Zungenregister, die vorerst vakant bleiben. Der pneumatische Subbaß von 1933 wird nicht wieder eingebaut. Die verbliebenen sechs Register aber sind bis auf wenige kleine, von Mäusen angenagte Pfeifen, original erhalten und seither in tadellosem Zustand. Ihr Klang ist im Vergleich zur Middelser Orgel ebenmäßiger und etwas vornehm zurückhaltend.

 

 

2000

Rekonstruktion der beiden Zungenregister Dulcian 16 und Trompete 8 durch Rudolf von Beckerath (Hamburg).

 


(Stand 04.05.2022; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge)