Osterholz-Scharmbeck, St. Willehadi

Orgel von Erasmus Bielfeldt (173134 und 1745)

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Im Jahr 1734 vollendet Erasmus Bielfeldt (Stade) seinen Orgelneubau in Scharmbeck. Nach dem Kirchenneubau (1745/1746) stellt Bielfeldt das Instrument auf der heute noch vorhandenen Orgelempore auf und errichtet für das ursprünglich hinter dem Hauptwerk stehende Pedalwerk zwei Pedaltürme in der Brüstung. Im späten 19. Jahrhundert wird die Disposition dem damals geltenden Klangideal gemäß geringfügig verändert. Auch baut J. H. Röver (Stade) neue Pedalwindladen.

Die Prospektpfeifen des Hauptwerk-Principals müssen 1917 für Kriegszwecke abgeliefert werden. Diese können später jedoch rekonstruiert werden.

Nach den Plänen der Orgelsachverständigen Harald Vogel und Franz Lengemann erfolgt von 1970 bis 1972 eine vorsichtige Restaurierung durch die Gebr. Hillebrand (Hannover). Nach der abgeschlossenen Kirchenrenovierung 2004 kommt es zum Wiedereinbau der Orgel und zur Rekonstruktion der 1917 abgelieferten Zinnpfeifen durch Martin Hillebrand. Seitdem ist die Bielfeldt-Orgel wieder als eines der wichtigsten Klangdokumente aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hörbar.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(23 / HW/BW/Ped)

Hauptwerk

Brustpositiv

Pedal

 

Principal

Quintadena

Gemshorn

Octave

Quinta

Octave

Mixtur

Trompete

Gedact

8’

16’

8’

4’

3’

2’

3–4f.

8’

8’

 

rr/o* oo

o/C – H: oo

oo/C – E: o

o

rr

o

o

o

+

Gedackt

Floite duis

Quinta

Wald Flöt

Scharff

Dulcian

8’

4’

3’

2’

3f.

8’

 

o

o

o

o

o

o

Principal

Untersatz

Octave

Octave

Mixtur

Posaun

Trompete

Cornet

16’

16’

8’

4’

4f.

16’

8’

2’

 

oo

o

o

o

r

o

o

r

 


Pfeifenwerk:

 

*

o

oo

+

r

rr

=

=

=

=

=

=

Principal

1731–1734

1745

1870

1970–1972/1974

2004

von C – h° im Prospekt, c’ – c’’’ auf der Lade

Erasmus Bielfeldt: 1. Bauphase (original)

Erasmus Bielfeldt: 2. Bauphase (original)

Johann Hinrich Röver: für Vox humana von D. G. Gloger

Harry Hillebrand: 1. Phase (Restaurierung)

Martin Hillebrand: 2. Phase (Restaurierung)

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Koppeln:

Klaviaturen:

Ped-Klaviatur:

Windladen:

Balganlage mit 3 Keilbälgen:

Tremulant:

Cymbelstern doppelt:

CD – c’’’

C, Cis, D – d’

73mmWS

ca. 3/4Ton über normal

Bach-Kellner (2004)

Manualschiebekoppel: o

o

r

HW: o mit 1767 hinzugefügter Schleife, BW: o, im Ped: r

r/rr

r

Krallenglöckchen 1731/32, Harmonieglocken Ende 18. Jhd.


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1678

Der Iurat Curt Otten und der Organist holen mit einem Pferdefuhrwerk eine kleine Orgel von Arp Schnitger aus Stade ab.

 

 

1731

Ein Kontrakt zum Bau einer zweimanualigen stattlichen Orgel wird mit E. Bielfeldt (damals noch in Bremen oder schon in Stade?) abgeschlossen.

 

 

1734

Der Bau ist im Wesentlichen abgeschlossen. Eine Übernahme von einigen Teilen der kleinen Schnitger-Orgel findet aber nicht statt. Das Pedal ist zu diesem Zeitpunkt noch hinterständig.

 

 

1745/46

Bielfeldt stellt die Orgel nach einem Kirchenneubau wieder auf die neue, noch heute existierende Empore, unmittelbar unter die Kirchendecke auf. Dadurch ergibt sich eine optimale Klangabstrahlung. Einige Register werden verändert und das Pedal wird in seitlichen Türmen mit einem eigenen, neuen Principal 16’ neu positioniert.

 

 

1767

Dietrich Christoph Gloger, ein von Stade aus wirkender Schlüler Bielfeldts, erweitert das Hauptwerk um eine Vox humana 8’. Dazu werden die Windlade und das Gehäuse vergrößert.

 

 

1870

Der Stader Orgelbauer Johann Hinrich Röver erneuert die Windlade des Pedals nach einem Wasserschaden und ersetzt die Vox humana 8’ gegen ein Gedact 8’. Vorher tauscht er bereits die Quinte 3’ gegen eine Gambe 8’ und die Pedalmixtur gegen einen Violon 16’ aus.

 

 

1917

Die Prospektpfeifen des Hauptwerks müssen zu Kriegszwecken abgeliefert werden.

 

 

1935

Eine gründliche Reparatur erfolgt durch die Firma Wetzel aus Hannover, die auch die fehlenden Prospektpfeifen mit Zinkpfeifen provisorisch ersetzt. Der Grundcharakter der bis dahin außerordentlich gut erhaltenen Orgel wird durch Wetzel nicht verändert, was aus heutiger Sicht als sehr glückliche historische Entwicklung eingeordnet wird.

 

 

1970

Die Orgel wird nach Vorarbeiten und unter Begleitung der Orgelsachverständigen Franz Lengemann und Harald Vogel durch die Firma Hillebrand restauriert. Dabei werden keine Originalteile verändert. Rekonstruiert werden die Pedalwindlade, die Pedalklaviatur und die fehlenden Pfeifen.

 

 

1974

Die „moderne“ Balganlage von 1931 wird durch eine dreifache Keilfaltenbalganlage ersetzt. Hierbei kann altes Material verwendet werden.

 

 

2004

Nach der abgeschlossenen Kirchenrenovierung erfolgt der Wiedereinbau des Pfeifenwerks und die Rekonstruktion der Prospektpfeifen. Dabei wird auch die Balganlage überarbeitet, der Tremulant in die Orgel versetzt, die Intonation vorsichtig überarbeitet und das barocke Stimmungssystem nach Bach-Kellner eingestimmt.

 


(Stand 23.02.2022)