Otterndorf, St. Severi

Orgel von Dietrich Christoph Gloger (1741/42)

Navigation: Himmelreich 4, 21762 Otterndorf

Die Orgelgeschichte in Otterndorf beginnt nachweislich im Jahr 1553 mit einem Orgelneubau des bedeutenden Orgelbauers Matthias Mahn aus Buxtehude. Aber bereits 33 Jahre später bekommt Antonius Wilde aus Otterndorf den Auftrag, eine neue Orgel zu errichten. Ein großer Umbau der alten Orgel durch Hans Riege aus Hamburg wird 1662 beendet und durch H. Scheidemann geprüft. Nach einer großen Umgestaltung der Kirche baut der Stader Orgelbauer Dietrich Christoph Gloger 1741/1742 eine große Orgel mit drei Manualen und Pedal mit 46 Registern. Sie ist damals wie heute die größte Barockorgel zwischen Elbe und Weser.

Im 19. Jahrhundert werden mehrere alte Register gegen „moderne“ ausgetauscht und zum Teil in der Orgel gelagert. Wie bei vielen anderen Orgeln werden 1916 auch hier die zinnernen Prospektpfeifen für Kriegszwecke eingeschmolzen.

Das große Instrument wird 1936 durch die Firma E. Hammer (Hannover) „restauriert“ und gravierend umgebaut. Danach sind von den 48 Registern des 16. bis 18. Jahrhunderts nur noch 21 erhalten. Nachdem sich die Orgel über viele Jahre in einem sehr schlechten Zustand befindet, wird im Juni und Juli 2013 eine Reinigung und Reparatur der Orgel durchgeführt. So kann die historische Substanz gesichert werden, die Orgel insgesamt klanglich verbessert und das Instrument bis zu einer umfassenden Restaurierung spielbar gemacht werden.


Anm.: originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(46 / HW/OW/BW/Ped)

Hauptwerk

Hinterwerk

Brustwerk

 

Prinzipal

Quintadena

Gedackt

Oktav

Gedacktflöte

Quinte

Oktav

Gemshorn

Rauschpfeife

Mixtur

Trompete

Trompete

8’

16’

8’

4’

4’

22/3

2’

2’

2f.

4f.

16’

8’

 

H

alt G

alt **

alt G

alt G

alt G

alt G

H

H

alt

alt/H

G

Bartpfeife

Quintadena

Oktav

Spitzflöte

Quinte

Oktav

Spitzflöte

Terzian

Scharff

Fagott

Vox humana

Schalmei

8’

8’

4’

4’

22/3

2’

11/3

2f.

4f.

16’

8’

4’

 

H

alt G

alt G

alt

alt G

alt G

H

H

H

G

G

G

Gedackt

Rohrflöte

Nasat

Oktav

Waldflöte

Quint

Sesquialtera

Oktavzimbel

Trichterregal

Krummhorn

8’

4’

22/3

2’

2’

11/3

2f.

2f.

8’

8’

 

alt *

alt ***

H

alt G

H

H

H

H

G

G

 


Pedal


Pfeifenwerk:

 

Prinzipal

Subbaß

Oktav

Oktav

Nachthorn

Weidenpfeife

Mixtur

Posaune

Dulzian

Trompete

Trompete

Kornett

16’

16’

8’

4’

2’

1’

3f.

16’

16’

8’

4’

2’

 

H

alt *

alt

alt G

H

H

H

alt/H

H

alt/H

H

H

alt

*

**

***

G

H

G

=

=

=

=

=

=

=

17. oder 18. Jhd.

um 1600

vor 1662

1662 (?)

1741/1742

1936

1936

?

?

?

?

Gloger

Hammer

Giesecke

 


Technische Angaben:

 

Tonhöhe:

Stimmung:

Koppel:

Stoßbalg:

Tremulant:

Magazinbalg

a = 440 Hz

gleichschwebende Temperatur

BW/HW

für HW

HiW: neu


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1553

Die erste Orgel wird im Chorraum von Matthias Mahn („Meister Matzen“ aus Buxtehude) erbaut.

 

 

1559, 68,

1577

An der Orgel führt Matthias Mahn im Laufe der Jahre einige Reparaturen durch, die von kleinerer Größe sind.

 

 

1561

Reparatur durch Wolterdes und gleichzeitig Erweiterung der Disposition.

 

 

1596

Neubau durch Antonius Wilde (Otterndorf).

 

 

1621

Reparatur der Orgel durch Antonius Moitzen aus Buxtehude.

 

 

165962

Umbau oder Neubau der Orgel durch Hans Riege (Hamburg) und Abnahme durch H. Scheidemann (Niedt-Mathheson).

 

 

1721

Reparatur durch den Otterndorfer Organisten Michael David Klapmeyer.

 

 

1730/31

Reparatur (fünf Wochen) dieser Orgel durch Gregorius Struve, seine Frau und seinen Sohn Jasper.

 

 

1739/42

Neugestaltung des Langschiffs der Kirche. Neubau der oberen Westempore.

 

 

1741/42

Neubau einer großen Orgel durch Dietrich Christoph Gloger aus Stade auf Hauptwerk, Brustwerk, Hinterwerk und Pedal mit 46 stimmen unter Verwendung von brauchbaren älteren Registern.

 

 

1754/55

Reparatur durch Gloger.

 

 

1759

Pflege der Orgel durch Gloger bis zum Jahr 1759.

 

 

1782/83

Reparatur durch Georg Wilhelm Wilhelmy (Stade) für 100 Taler: Erneuerung eines Kanals.

 

 

1800

Mehrere alte Register werden im 19. Jahrhundert gegen andere ausgetauscht und zum Teil in einer Kiste in der Orgel gelagert.

 

 

1802/03

Reparatur durch Johann Wilhelmi Krämersdorff aus Oldenburg. Diese erzeugt jedoch Unzufriedenheit bei dem Otterndorfer Organisten J. Jacob Rosewitt. Als Hauptfehler benennt er den Mangel an Wind, der bei der Reparatur nicht behoben worden ist.

 

 

1818

In den Akten wird eine Aufstellung der Orgel auf die obere Westempore benannt, die sich aber als falsch herausstellt. Die Orgel ist demnach bereits von Gloger dort aufgestellt worden. Das Gehäuse weist nur wenige Veränderungen seither auf.

 

 

1868

Reparatur durch Rohdenburg aus Lilienthal, die für die Orgel nicht ganz unbedeutend ist.

 

 

1916

Abgabe der Prospektpfeifen zu Kriegszwecken.

 

 

1936

Überarbeitung („Restauration“) der Orgel durch die Firma E. Hammer (Hannover) unter der Fachberatung Hoppe und Utermöhlen. Die Orgel hat nun 46 Register mit 2676 Pfeifen.

 

 

1969/61

Technische Sanierung durch die Firma A. Führer (Wilhelmshaven): praktisch Bau einer neuen Spieltraktur und Überarbeitung der Registertraktur (Orgelakten zu diesen Vorgängen sind noch nicht aufgefunden).

 

 

1978

Führer wird für eine Restaurierung der Windladen angefragt (keine Dehnungsfugen): Die Schleifen werden neu beledert und die Schiede neu verleimt. Außerdem kommt es zum Abdichten der unteren Stockbohrungen mit Lederringen, Entfernung der später eingebauten Rückschlagventile und Abdichten angebohrter Kanzellen. Der Winddruck wird von 70 auf 79mmWS erhöht und er führt eine Neuintonation der Orgel und Überarbeitung der Klaviaturen (Tasten sind alt) durch. Die Koppel von Ober- und Hauptwerk wird stillgelegt, das Gebläse sowie ein Kanal neugebaut und die Orgel gereinigt.

 

 

2013

Nachdem sich die Orgel lange in einem sehr schlechten Zustand befindet, werden im Juni und Juli eine Reinigung und Reparatur der Orgel durch die Firma Orgelbau Jens Steinhoff unter Mitarbeit von Hans-Ulrich Funk durchgeführt. Hierbei wird im Wesentlichen die historische Substanz gesichert. Es muss einiger Schimmelpilz beseitigt und die gesamte Orgel gereinigt werden. Viele historische und neuere Pfeifen werden repariert und klanglich optimiert, sodass die wertvolle klangliche Grundsubstanz der Orgel wieder wahrnehmbar ist. Diese Arbeiten sind notwendig, um das Instrument bis zu einer umfassenden Restaurierung spielbar zu halten und für die Restaurierungszwecke darstellen zu können.


(Stand 23.02.2022)