Reepsholt, St. Mauritius

Orgel von Johann Friedrich Wenthin (178789)

Navigation: Frieslandstraße, 26446 Friedeburg

Die Reepsholter Orgel steht – ungewöhnlich für Ostfriesland – an der Nordseite der St.-Mauritius-Kirche gegenüber der Kanzel, auf einer Empore, die den kurzen Querschiffarm ausfüllt. Ihr spätbarock-frühklassizistischer Prospekt (die künstlerische, verzierte Vorderseite der Orgel) zeigt im Mittelteil die zweistöckige Anordnung von Hauptwerk und Oberwerk in 4-Länge. Die Außentürme zeigen die großen Pfeifen des 8’-Hauptwerks. Geschwungene Linien in der Vorderansicht wie im Grundriss der einzelnen Türme und Felder prägen den Stil der Prospektgestaltung. Die gleiche Form findet sich auch bei der etwas jüngeren, schon ganz klassizistischen Wenthin-Orgel in Groothusen. Nur durch die braune Farbfassung und die geschnitzten Schleier wirkt die Reepsholter Orgel noch mehr dem Barock zugewandt.

Johann Friedrich Wenthin – der in Emden seine Werkstatt hat – ist in Ostfriesland der Konkurrent Hinrich Just Müllers und vertritt eine fortschrittlichere Linie als dieser. Er führt die Traversflöte und das labiale Cornett in die Dispositionen Ostfrieslands ein. Sein Orgelklang kann als eleganter als der Müllersche beschrieben werden. Die Reepsholter Orgel ist sein besterhaltenes Werk.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(17 / HW/OW/angeh. Ped)

Hauptwerk

Oberwerk

 

Prinzipal

Bordun

Grobgedackt

Octave

Nassat

Octave

Mixtur

Dulcian

Trompete

8

16

8

4

3

2

4, 5 u. 6f.

16

8

 

P, o

r/o °

o

o

o

o

o °°

r

o

Prinzipal

Gedackt

Flautotrav.

Kleingedackt

Gemshorn

Cornett

Scharf

Krummhorn

4

8

8

4

2

3f.

3 u. 4f.

8

 

P, o

n °°°

rr

o

o

o

r

r

 


Pfeifenwerk:

 

°

°°

°°°

o

rr

r, n

=

=

=

=

=

=

Bordun 16

Mixtur 4, 5 u. 6fach

Gedackt 8

1787–1789

1936

1993

Vorabzug: nur Baßhälfte: n

mit Terz

Diskant ab c'

Johann Friedrich Wenthin (original)

Karl Puchar in den Originalmensuren (restauriert)

Bernhardt Edskes (rekonstruiert, neu)

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Koppeln:

3 Keilbälge:

2 Sperrventile

Tremulant

C – d'''

C – d' (angehängt ans HW)

95mmWS

hoher Chorton

gleichstufig

Manualschiebekoppel

von der Vorgängerorgel (sehr alt)


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1640

Erste Erwähnung eines Organisten.

 

 

1656

Erste belegte Orgelreparatur durch Constantin Ibach (Jever).

 

 

1787

Kontrakt über einen Orgelneubau mit Johann Friedrich Wenthin (Emden).

 

 

1789

Vollendung der Orgel.

 

 

1829

Kontrakt mit Johann Gottfried Rohlfs (Esens) über eine Reparatur der Orgel. Möglicherweise Ersatz der Eichenholzpfeifen des Bordun 16 durch neue Pfeifen mit schlechter Kiefer.

 

 

1833/34

Bemalung der Orgel durch den Maler Sasse.

 

 

1929

Reparatur der Orgel durch die Firma Furtwängler & Hammer (Hannover): dabei Erneuerung der Register Scharf, Dulcian und Krummhorn in unpassender Bauweise.

 

 

1936

Reparatur durch Karl Puchar (Norden) mit Ersatz der verwurmten Traversflöte durch eine neue aus Kiefer und Eiche in den Originalmensuren. Winddruck: 100mmWS (1947: 65mmWS).

 

 

1969

Verfügung vom Landeskirchenamt Hannover, die besagt, dass der schlechte technische Zustand des an sich sehr wertvollen Instruments zu großen Windverlusten führe und ein Teil der Pfeifen gar nicht mehr anspäche. Daher solle eine gründliche Restaurierung – die unumgänglich sei – im Zusammenhang mit der geplanten Renovierung der Kirche vorgenommen werden.

 

 

1975

Notdürftige Reparatur zur Wiederspielbarmachung von sechs Hauptwerksregistern durch Alfred Führer (Wilhelmshaven).

 

 

1992/93

Im Zusammenhang mit der Kirchenrenovierung: Gründliche Restaurierung der Orgel durch Bernhardt Edskes (Wohlen/Aargau/Schweiz) mit Rekonstruktion der Klaviaturen, sowie der Register Scharf, Dulcian und Krummhorn, des zuvor vakanten Diskantregisters Gedackt 8, der Holzpfeifen des Bordun 16 und der Kehlen der Trompete 8.

 


(Stand 22.05.2020; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge)