Westrhauderfehn, Ev.-luth. Kirche

Orgel von Furtwängler & Hammer (1937) hinter dem historischen Prospekt von Gerd Sieben Janssen (1852)

Navigation: Rajen 226, 26817 Rhauderfehn

Die ev.-luth. Kirche in Westrhauderfehn erhält bereits vier Jahre nach ihrer Fertigstellung eine Orgel, die im Jahr 1852 von Gerd Sieben Janssen aus Aurich erbaut wird. Das Instrument besteht aus einem Hauptwerk, dessen schlichter, klassizistischer Prospekt (die künstlerische, verzierte Vorderseite der Orgel) heute den Mittelteil bildet, während die beiden Seitenteile 1886 als Pedalwerk angebaut werden, im Prospekt nur mit stummen Pfeifen besetzt.

Das Innere der Orgel stammt überwiegend aus noch späterer Zeit. Das Werk wird 1937 von der Firma Furtwängler & Hammer (Hannover) großenteils neu erbaut. Als 1980 in Westrhauderfehn eine Kreiskantorenstelle neu eingerichtet wird, wird sich dazu entschlossen, die Orgel im Zusammenhang mit der ohnehin fälligen gründlichen Reinigung und Überholung technisch und klanglich im gegebenen Rahmen zu verbessern. Auf Anregung des Kreiskantors hin wird die romantische Seite des Instruments dabei weiter ausgebaut, um es stilistisch vielseitiger zu machen. Ausgeführt werden die Instandsetzungs- und Umbauarbeiten 1984 und 1985 durch die Orgelbauwerkstatt Führer (Wilhelmshaven).


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen in römischen Zahlen.

Disposition:

(24 / HW/SW/Ped)

Hauptwerk

Schwellwerk

Pedal

 

Prinzipal

Bordun

Gambe

Holzflöte

Oktave

Rohrflöte

Quinte

Waldflöte

Sesquialtera

Mixtur

Trompete

8

16

8

8

4

4

22/3

2

II

III–IV

8

 

P, o

*

**/(+)

o

o

o

o

o

o/+

o

+

Salicet

Gedackt

Prinzipal

Koppelflöte

Oktave

Quintzimbel

Oboe

8

8

4

4

2

III

8

 

o

o

o

o

o

o

*/o

Prinzipal

Subbaß

Gedackt

Oktave

Nachthorn

Liebl. Posaune

8

16

8

4

2

16

 

P, o

**

**

o

o

+

 


Pfeifenwerk:

 

*

**

o

+

=

=

=

=

1852

1886 und später

1937

1985

Gerd Sieben Janssen

(?)

Furtwängler & Hammer (original, neu)

Alfred Führer

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Tonhöhe:

Stimmung:

Koppeln:

Gehäuse:

Klaviaturen:

Windladen:

Jalousie:

Tremulant:

C – f'''

C – f'

normal

gleichstufig

SW/HW, HW/Ped, SW/Ped

*/**

o

HW: *, SW: o (1x), Ped: **

+, mit Schwelltritt fürs SW

HW und SW: +


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1852

Bereits vier Jahre nach ihrer Fertigstellung bekommt die Kirche eine Orgel, die von Gerd Sieben Janssen aus Aurich erbaut wird. Sie besteht aus einem Hauptwerk, dessen schlichter, klassizistischer Prospekt heute den Mittelteil bildet.

 

 

1886

Die beiden Seitenteile werden als Pedalwerk angebaut und im Prospekt nur mit stummen Pfeifen besetzt.

 

 

1937

Das Werk wird von der Firma Furtwängler & Hammer (Hannover) großenteils neu erbaut. Geplant ist zunächst eine pneumatische Orgel im Stile der Zeit mit neuer, gehäuseloser Pfeifenfassade. Da aber das Geld, das mühsam durch Anteilscheine aufgebracht wird, nicht für die groß angelegten Pläne reicht, müssen Teile der alten Orgel übernommen werden. Offensichtlich werden auch Bestandteile anderer, abgerissener Orgeln verwendet. Und entsprechend den damals staatlich verordneten Sparmaßnahmen müssen alle größeren Pfeifen statt aus der üblichen Zinn-Blei-Legierung aus Zink angefertigt werden. Dabei entsteht hinter dem klassizistischen Prospekt eine verhältnismäßig große Orgel mit zwei Manualen und Pedal, die sich mit ihrer Disposition und ihrer mechanischen Traktur bereits wieder am klassischen Orgelbau des 18. Jahrhunderts orientiert – ganz im Stil der „Orgelbewegung“ (neobarocke Reformbewegung im Orgelbau) – in der Intonation aber noch der spätromantischen Epoche verhaftet ist.

 

 

1980

In Westrhauderfehn wird eine Kreiskantorenstelle neu eingerichtet, wobei sich entschlossen wird, im Zusammenhang mit der ohnehin fälligen gründlichen Reinigung und Überholung die Orgel technisch und klanglich im gegebenen Rahmen zu verbessern. An der Planung hat Kreiskantor Michael Busch ganz wesentlichen Anteil.

 

 

1984/85

Auf seine Anregung hin wird die romantische Seite des Instruments dabei weiter ausgebaut, um es stilistisch vielseitiger zu machen. So wird das hinter dem Hauptwerk untergebrachte zweite Manualwerk mit einem Schwellkasten umgeben (ein geschlossenes Holzgehäuse, das vorne mit einer Jalousie versehen ist, die mit dem Fuß vom Spieltisch aus geöffnet und geschlossen werden kann – durch diese Einrichtung ist ein An- und Abschwellen der Lautstärke bei gleichbleibendem Klang möglich, was in der romantischen Musik oft erwünscht ist). Durch geschicktes Vertauschen von Registern innerhalb der Orgel und Neubesetzen von bisherigen Vakantplätzen sowohl mit romantisch zarten als auch mit kraftvollen Stimmen können zudem die klanglichen Möglichkeiten der Orgel spürbar erweitert werden. Ausgeführt werden die Instandsetzungs- und Umbauarbeiten zwischen 1984 und 1985 durch die Orgelbauwerkstatt Führer (Wilhelmshaven).

 


(Stand 22.05.2020; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge)