Wiesens, St. Johannes der Täufer

Orgel von Johann Gottfried Rohlfs (1822)

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Der Innenraum der spätromanischen Backsteinkirche St. Johannes der Täufer in Wiesens wird auf der Westseite von einem großflächigen Orgelprospekt (der künstlerischen, verzierten Vorderseite der Orgel) beherrscht. Er stammt aus der Zeit des Klassizismus, in der – wie in der Renaissance – Formen der Antike wieder aufgenommen werden. Als Beispiel lassen sich die klaren, rechteckigen Flächen und die sie begrenzenden Säulchen mit ionischen Kapitellen (oberen Säulenabschlüssen, meist verziert) anführen. Auf das reichhaltige Schnitzwerk der vorangegangenen Epoche wird verzichtet, die Schleier über und unter den Pfeifenfeldern bestehen aus sparsamem Rautenwerk im Biedermeierstil. Der Mittelturm wird durch eine mit Girlanden gehaltene Vase bekrönt. Auch vorhanden sind die trompeteblasenden Engel auf den beiden äußeren Türmen und die beiden Zimbelsterne.

Die Orgel wird im Jahr 1820 bei Johann Gottfried Rohlfs (Esens) in Auftrag gegeben – dem Schüler Hinrich Just Müllers und vermutlichen Lehrmeister Gerd Sieben Janssens. Das Instrument wird 1821 auf einer Empore im Osten vor dem Altar aufgestellt. Die fertige Orgel wird 1822 durch den Organisten Bruns aus Weene abgenommen. Seit ihrer Restaurierung 1979 bis 1981 zeichnet sich die Wiesenser Orgel mit ihrem fast vollständig erhaltenen Pfeifenbestand durch einen frischen, kräftigen und dank der original wohltemperierten Stimmung recht reinen Klang aus.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(10 / I/angeh. Ped)

Manual

Technische Angaben:

 

Principal

Bordun

Gedackt

Octave

Rohrflöte

Nasard

Octave

Sexquialter

Mixtur

Trompete

8

16

8

4

4

22/3

2

2f.

4f.

8

 

P, o

o

o

o

o

o

o

o

o

o/r *

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Klaviaturen:

Windladen:

Doppelfaltenbalg:

Tremulant:

Zimbelsterne:

C – d'''

C – d' (angehängt)

72mmWS

a' = 450 Hz

original ungleichstufig

Man: r, Ped: o

o

1910

r

r/o

 


Pfeifenwerk:

 

*

o

r

=

=

=

B/D

1822

1979–1981

Bass und Diskant

Johann Gottfried Rohlfs (original)

Alfred Führer (restauriert)


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1820

Die Orgel wird bei Johann Gottfried Rohlfs (Esens) in Auftrag gegeben – dem Schüler Hinrich Just Müllers und vermutlichen Lehrmeister Gerd Sieben Janssens.

 

 

1821

Aufstellung auf einer Empore im Osten vor dem Altar.

 

 

1822

Abnahme der fertigen Orgel durch den Organisten Bruns aus Weene.

 

 

1834

Die Orgel wird farblich gefasst.

 

 

1896/97

Sie erhält ihren heutigen Standort, als sie durch den Zimmermann Ernst Kloppenburg aus Strackholt an die Westseite der Kirche verlegt wird.

 

 

1909/10

Die Orgel erfährt einen Umbau durch Johann Martin Schmid (Oldenburg), wobei das Pfeifenwerk weitgehend unangetastet bleibt. Nur das Trompetenregister geht in großen Teilen verloren und auch die Keilbalganlage und die Manualklaviatur. Ein dabei zusätzlich eingebautes spätromantisches Piano-Manual in pneumatischer Bauweise kann später problemlos wieder entfernt werden.

 

 

1969

Wegen umfangreicher Kirchenrenovierungsarbeiten muss die Orgel abgebaut und ausgelagert werden.

 

 

197981

Der Wiedereinbau mit gleichzeitiger Restaurierung kann erst zehn Jahre später erfolgen und wird von Alfred Führer (Wilhelmshaven) durchgeführt. Dabei werden die Manualklaviatur, der Tremulant, die Zimbelsterne und die fehlenden Teile des Trompetenregisters rekonstruiert.

 

 

Heute

Seit ihrer Restaurierung zeichnet sich die Wiesenser Orgel mit ihrem fast vollständig erhaltenen Pfeifenbestand durch einen frischen, kräftigen und dank der original wohltemperierten Stimmung recht reinen Klang aus.

 


(Stand 22.05.2020; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge)